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Jeder Musiker kennt das und kann davon erzählen: jeder Auftritt, jedes Konzert hat seine eigene Story - viele bleiben unvergesslich. Sei es, weil die Nachwirkungen einer höchst befriedigend empfundenen Performance uns noch Tage danach ein wundervolles Gefühl zurücklassen; sei es, weil die Umstände ganz besondere waren -  ob gut oder schlecht.

In loser Folge werde ich euch hier einige solcher Geschichten aus unserem Erleben erzählen.

1. Verne's Story The Day I met Stevie Ray Vaughan

Samstagmorgen, 5. Juli 1985, Sommer in Hamburg. Frühstück mit Zeitunglesen, standard procedure.

Wie immer von hinten und erst mal die Veranstaltungsinfos überfliegen. Ich stutze, mein Blick bleibt am Bild eines verwegen aussehenden Pseudo-Piraten hängen, mit ner Art Cowboyhut und Federbuschel dran, auch noch Rüschenhemd! Crazy guy. Dann lese ich was von Gitarrist mit Hendrix-Performance bis zu "hinter-dem-Kopf" spielen...

Da muss ich hin: Fabrik, 19.oo Uhr.

Die Schlange an der Kasse war nicht allzu gross, aber das Konzert war bereits ausverkauft.

Während ich fieberhaft überlegte, wie ich doch noch reinkommen könnte, dabei mal angelegentlich um das Fabrikgebäude schlich mit Gedanken an lange zurückliegende Schülerzeiten mit "Hallen stürmen" und Ordner bequatschen, fuhr am Hintereingang ein LKW vor. Etwas ungewohnt gestylter Kasten mit englischem Nummernschild. Schnell sprangen drei langhaarige, kräftige Freaks heraus und ich sah meine Chance gekommen.

"You're the stage crew, innit?"

"Damn yeah, and we're fucking late!" Dann folgte noch ein von etlichen Flüchen begleiteter Hinweis auf Autobahnstau. Ich überlegte nicht eine Sekunde: "Do you need a helping hand?"

"Ahh...good on ya, mate!" ...und ich war dabei!!

In Windeseile luden wir den Truck aus und bauten die Anlage auf die Bühne. Unterdessen waren die drei Bandmitglieder eingetroffen und absolvierten einen kurzen Soundcheck, bei dem ich schon mal einen sehr angenehmen Vorgeschmack auf das spätere Konzert bekam.

Die Fabrikhalle war schon randvoll, auch die Galerien dicht besetzt.

Aber der Meister liess warten.

Inzwischen war backstage auch die blonde "Artist Relations" -Tante von Stevie's deutscher Plattenvertriebsfirma eingetroffen und wurde zunehmend nervöser. Auch die stage crew tauschte beunruhigte Blicke aus. Ich sass bei Stevie's Gitarrenroadie und während Bart des Meisters Ladies spielbereit machte, sahen wir seinem Kollegen Clive zu, der in einem grossen Putzeimer ein abenteuerliches Gebräu anrührte. Es war so etwas wie ne Bowle, eine Mischung aus CocaCola, Orangensaft, Bourbon Whisky, und noch zwei, drei anderen hochprozentigen Zutaten, die ich nicht mehr genau erinnere. Das war laut Catering-Order ein Muss, weil der Spezialtrunk für die Musiker! Und, hey, das Zeug schmeckte gar nicht mal so schlecht ...aber hatte es höllisch in sich!! Passte auch gut zu den belegten Scheiben feuchten Kartons und dem Kartoffelsalat.

Und alle warteten mit zunehmender Anspannung und Nervosität auf des Meisters Erscheinen.

Derweil beobachtete ich mit Staunen Bart's Einstellprozeduren an den Strats. Es waren drei, eine weisse, die ziemlich neu schien und zwei Sunbursts. Und Mann oh Mann, die eine völlig abgefressen und verklebt mit Stickern - das war Number ONE.

Auf meinen dämlichen Hinweis, die würde es ja wohl nicht mehr lange machen, klärte Bart mich lachend auf: die ist nicht tot zu kriegen, "she's a monster! Feel the neck!" und reichte mir die Schrammel rüber.

"Bloody hell, what a baseball bat", entfuhr es mir. Junge, Junge, das war vielleicht ein Prügel. Und Drähte hatte der aufgespannt - mein lieber Herr Gesangsverein. Aber ich kam erstaunlich gut damit zurecht, dank monatelanger Akustikphase auf meiner Dreadnaught mit 13-56er Bronze. Und der Hals griff sich wie Butter, mit einem seidigen Feeling, was nur bei alten, viel und lange gespielten Instrumenten zu finden ist! Ich war überzeugt.

Bart grinste breit. Gerade wollte er fortfahren in seiner Auflistung von (mir meist völlig unbekannten) Musikern, für die er schon gearbeitet hatte, da kam Bewegung in die Hütte - Mister Vaughan traf ein.

Schnell entriss mir Bart Number ONE und stand bereit, sie seinem Chef hinzureichen.

Der sah allerdings so gar nicht danach aus, als würde er überhaupt noch einen Ton spielen an diesem Abend! Ziemlich abgewrackt und abgefuckt stand er im Bühneneingang, neben ihm eine noch abgefucktere Begleiterin und beide offensichtlich ordentlich angeschickert. Na ja, irgendwie werden die die 1-1/² Stunden Verpätung im Hotel schon rumgekriegt haben.

Die "Artist Relations" -Tante verlor jedenfalls augenblicklich ihre Contenance und begann auf Herrn Vaughn einzureden, während der sich erst mal ne Schöpfkelle Gebräu eingiessen liess.

Draussen in der Halle tobte schon die Menge beim Einlauf der drei Bandmusiker, der Meister stürzte seinen Drink hinunter, warf noch einen kurzen verwunderten Blick auf mich Unbekannten, griff sich Number ONE, schleuderte beim Umhängen erst noch den Federbuschel-Cowboyhut zu Boden (Bart war schnell zur Hand) drehte sich nochmal kurz zu seinem Liebchen um, ein kurzes Zungenschnalzen und ab auf die Bühne.

Was dann folgte riss mich völlig aus den Schuhen, versetzte mich in einen Rausch von Tönen und liess mich Gefühlswallungen durchleben, von low down deep bis himmelhoch jauchzend.

Ich durfte zu dem Toningenieur auf das Mixerpodest mitten im Saal: Ehrenloge! Wahnsinn! Irre. Unglaublich guter Sound - der Deutsch-Mann verstand sein Handwerk, die PA war noch Horn-bestückt (keine miesen Kompressionsbüchsen wie heutzutage) und Mister Vaughan schien auf der Bühne gerade von den Toten aufzuerstehen. aber wie!!!!

Ohne lange zu fackeln stieg er in ein höllisch energiegeladenes Set druckvollen Texasblues, mit einer tighten Band, die ihrem Chef traumwandlerisch folgte. Ahhh, die Jungs liessen es krachen! Vaughan entwickelte eine Spielfreude mit singenden Gitarrenlinien und druckvollen Riffs, entfesselte aus dieser abgefressen Strat ein Feuer und Hitze, dass der ganze Saal zu kochen begann. Zur Erinnerung: es war Sommer und eh schon sauheiss!

Aber der Meister kannte keine Gnade. Als wolle er sich den ganzen Alkohol aus den Poren schwitzen, die Rüschen seines Bühnenhemds schon pitschnass, drosch er auf seine Gitarre ein, dass einem Angst und bang werden konnte. Oh mein Gott!

Dann plötzlich der Soul. TIN PAN ALLEY, zum weinen schön, deep deep down in Blues. Alle, alle in der Fabrik wurden still, waren ergriffen, fühlten mit. Gänsehaut pur! Unglaublich intensiv!

Es kam die Pause, ich ging backstage, aber ich wagte nicht, den Meister anzusprechen. Seine Aufmerksamkeit galt eh mehr seinem Liebchen, seine Musiker machten small talk, auch die Tante von der Plattenfirma hielt sich im Hintergrund, Profis. Die Pause blieb kurz.

Das zweite Set brachte nochmal tiefsten Aufruhr, Showeinlage mit hinter-dem-Kopf-Spielen, zwei Zugaben, jeder im Haus war durchgeschwitzt und ausgelaugt. Trotzdem langes Lärmen nach mehr. Aber der Meister war erledigt und verschwand gleich nach dem Abgang von der Bühne. Es war spät. Es war umwerfend.

Once in a lifetime, you won't get it a second time. I been there. Sic.

Verne

 

2. Verne's Story  Australian bulldust and other absurdities

Yeahhh, mate ...I lived in a land down under. Nach einem erlebnisreichen Jahr durch halb Asien landete ich von Denpasar, Bali in Darwin, der Hauptstadt von Australiens Northern Territory.

Kaum noch Kohle in der Tasche - zum Glück war ich beim Immigration Office nicht gecheckt worden - blieb mir nichts anderes übrig, als gleich in die Mall zu ziehen und die Gitarre auszupacken. Ich gab mal wieder den Einkaufsmeilen-Balladeer. Und weil die Aussies alle echt musikverrückt sind und zudem neugierig wie kleine Kinder auf alles Fremde und Ungewohnte, machte ich auf meiner riesigen Seemannskiste aka flight case keine schlechte Figur.

 

 

 

 

 

In dem ganzen ersten Jahr Down Under war ich weit und breit der einzige verrückte Busker mit ner 12-String! Robert Johnson Blues... Und die Yamaha hat mich nie im Stich gelassen. Diese Gitarre hat als grosse Besonderheit einen Fensterkopf (Kopfplatte mit Langlöchern).

 

Das führte wohl zu nachfolgendem Missverständnis:

Etwas später war ich bereits mit zwei Acoustics unterwegs - ein wohlgesinnter, begeisterter Fan hatte mir seine Pearl Dreadnaught vermacht. So zupfte ich in Townsville's Mall. Gerade hatte ich wieder die 12-String umgehängt, da stoppte eine ältere Dame und wippte begeistert zu meinen Tönen. Sie liess einen netten Geldschein in meinen Gitarrenkoffer fallen, beugte sich näher zu mir und erinnerte: "When I was young, I also played Mandoline ...but mine was much smaller." 

 

 

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